Reha in Japan


Aus dem wöchentlich geplanten Blog wird wohl eher etwas monatliches. Hier läuft viel zu viel und ich finde viel zu wenig Zeit, um mich hinzusetzen und in Ruhe einige Zeilen zu schreiben. Hier also zunächst einmal eine kurze Lageübersicht, bevor ich hoffentlich bald etwas vertiefter auf einige herausgepickte Aspekte eingehen werde.

 

Heute vor genau einem Monat machte ich mich auf den Weg nach Japan. Es ist verrückt zu glauben, dass bereits vier Wochen vergingen. Die Zeit rennt davon und auch wenn der Alltag mit dem Start der Universitätskurse eingesetzt hat, gibt es dennoch jeden Tag neue Eindrücke, die den Geist beschäftigt halten. 

Bereits im Flugzeug nach Paris traf ich zwei andere Studenten meiner Uni und am Flughafen in Osaka zwei weitere. Nachdem bei der Einreise anders als befürchtet alle Covid-Dokumente problemlos akzeptiert wurden, wurde ich an der Immigration aufgehalten, da mir die Universität ein Dokument nur online anstatt in Papierform geschickt und erklärt hatte, dass dies aufgrund der Pandemie in Ordnung sei. Auch die Botschaft sagte nichts dagegen, und so blieb ich nach dem Flug und 2 Stunden Covid-Bürokratie zusätzliche 40 Minuten bei der Immigration stecken und verpasste beinahe den Bus zum Wohnheim, den die anderen Studenten nehmen wollten. Nicht ein besonders erfreuliches Willkommen, aber glücklicherweise schaffte ich es dann doch in den Bus und konnte mit den anderen Studenten den Weg zum Wohnheim antreten. 

 

 

Das Studentenheim und die Universität wurden letztes Jahr eröffnet und sind noch brandneu. Besonders toll ist, dass das Studentenheim direkt neben dem Universitätsgebäude steht, und so besteht mein Arbeitsweg dieses Semester aus 10 Metern plus ein paar Stockwerke runter und rauf. Das spart uns auch eine Menge Transportkosten, die hier durchaus teuer sind. Der Bahnhof ist etwas weiter entfernt, doch zu Fuss in ca. 20-25 Minuten ebenfalls gut erreichbar. Sobald es Sommer ist, befürchte ich aber, dass der Bus die bevorzugte Variante sein wird, den Bahnhof zu erreichen. Jetzt ein schöner Spaziergang, wird der Weg zum Grill bei 35°C. Nächstes Jahr wird ein Bahnhof gleich neben der Universität eröffnet, leider noch nicht jetzt. Etwas anderes, was sich wohl erst über einige Jahre einstellen wird, sind studentenzentrierte Angebote wie Restaurants oder Freizeitangebote. Zurzeit gibt es leider noch nicht allzu viele davon. Für Ausgang gehen wir derweil nach Namba in Osaka - aber seit das Semester gestartet hat, bleibt dafür auch nicht mehr so viel Zeit. Die Japanischkurse sind intensiv, hinzu kommen Konversations-Café-Pause dienstags und Aikido-Klub-Training dienstags und samstags. Für Ausflüge bleibt wenig Zeit mehr, und so bin ich froh, dass ich in den zwei Wochen nach Ankunft überall herumgerannt bin, um in meinen Ferien noch möglichst viel zu sehen. Es war anstrengend, hat sich aber gelohnt. Überhaupt verbrachte ich die ersten zwei Wochen gefühlt damit, von A nach B zu rennen. Einerseits musste Organisatorisches erledigt werden, andererseits wollte ich Ausflüge unternehmen. Und in der verbleibenden Zeit rannte ich mit den anderen Austauschstudenten herum, die ich ja bereits ein halbes Jahr von unseren nächtlichen Zoom-Sessions kannte. Es war sehr interessant zu sehen, wie wir uns augenblicklich verstanden, auch wenn wir uns bisher nie in Echt gesehen hatten. Das gemeinsame Leiden und Durchbeissen in den letzten Monaten hat uns sehr nahe zusammengeschweisst, auch wenn alles online vonstatten ging. Auch jetzt, vier Wochen später, ist das Bewusstsein, dass wir alle gemeinsam da durch sind, sehr stark und verbindet. Wir sprechen auch viel darüber während gemeinsamen Malzeiten und verdauen das Ganze so gut es geht. Es tut sehr gut, zu wissen, dass alle dasselbe erlebt haben, und verstehen - wirklich verstehen - was ein Semester Aufstehen um 3 Uhr morgens mit dir anstellt. Oder dass es nicht alleine eine Frage des Optimismus' ist, wenn wir bis zur effektiven Einreise nicht glauben konnten, dass es tatsächlich klappt. So offen darüber reden zu können und verstanden zu werden, tut enorm gut. Die Leute nicht treffen zu können, wäre mein grösstes Bedauern gewesen, hätte ich abgebrochen, und dies hat sich nur bestätigt, seit ich sie in Realität getroffen habe. Wir alle sind unglaublich dankbar, froh und erleichtert, sind wir endlich hier, und wir geniessen jeden Atemzug, während wir uns vom letzten Semester erholen. Und gleichzeitig verstehen wir auch jeden, der oder die abgebrochen hat. Letztes Semester waren 75 Studenten an der Infoveranstaltung. Dieses Semester knapp die Hälfte. Und noch immer sind ca. zehn Studenten in ihrem Heimatland und studieren online... Das macht einen nachdenklich - und umso dankbarer, dass es für uns jetzt endlich geklappt hat. Die ständigen Freudenmomente, die wir jetzt geniessen dürfen, übertönen den bitteren Nachgeschmack vom letzten Semester bei Weitem.