Zu Besuch beim Schrein


Heute gings endlich aus Tokyo raus und nach Hakone, einem waldigen und hügeligen Gebiet für erschöpfte Tokyo-Bewohner oder eben auch -touristen. Onsen hats überall, U-Bahnen dagegen keine - also wirklich eine sehr entspannende Gegend. Aber genug von Erholung. Dieses Mal dreht sich der Blog um japanische Bräuche, die einem manchmal etwas chinesisch vorkommen. Ich habe nämlich in den letzten Tagen mehrere Schreine besucht und ein Schreinbesuch ist für mich noch immer ein Buch mit sieben Siegeln (wobei ich es aber trotzdem spannend finde, dieses Buch aufzuschlagen und darin zu blättern). Dabei ist der Ablauf eigentlich recht einfach erklärt:

 

Einen Schrein erkennt man grundsätzlich daran, dass erstens ein Tori (Holzbogen) davorsteht. Dann gibt es als nächstes irgendwo einen kleinen, oft überdachten Brunnen, aus dem zum Beispiel aus einem Drachenmund Wasser in ein Becken sprudelt. Dort gibt es immer Kellen mit langen Holzstielen. Nun erfolgt das Reinigungsritual: Kelle mit der rechten Hand am Stiel ergreifen, mit Wasser füllen. Etwas Wasser in die linke Hand giessen. Dann Stiel in die linke Hand wechseln und die rechte übergiessen. Anschliessend wieder in die rechte Hand wechseln und etwas Wasser in die linke Hand giessen, das dann in den Mund genommen wird, um auch diesen zu reinigen. Zweimal ausspucken und die Kelle in die Senkrechte bringen, damit das überschüssige Wasser den angefassten Stiel läuft. Dann Kelle wieder mit Öffnung nach unten hinlegen. Damit wäre die erste Hürde (schon) geschafft.

Weiter geht es zum eigentlichen Schrein. Nun gibt es mehrere Möglichkeiten, was dort zu finden ist:

 

1) Hölzerne Opferbox mit Rillen auf der Oberseite

2) Glocke oder Glöckchen an einer langen Kordel

3) Nur der Schrein

 

Je nachdem, was dort steht, macht man etwas anderes. In der Regel wirft man eine 5-Yen-Münze (bringt Glück) in die Box oder schüttelt an der Kordel bis die Glocke läutet. Dann verbeugt man sich zweimal (kurze Pause dazwischen) in Richtung Schrein, klatscht zweimal in die Hände,wobei die rechte Hand, die den Körper symbolisiert, leicht nach unten versetzt ist, während die linke Hand für den Geist und leicht darüber steht. Dies tut man, um die Götter anzurufen, dann legt die Handflächen vor der Brust zusammen. Ist man mit dem Gebet fertig, verbeugt man sich noch einmal (tiefer als vorher) und macht dann Platz für die nächsten. Schwierig, sich an die genaue Abfolge zu erinnern, wenn man da steht, doch einigen Japanern geht es genauso, wie ich beobachtet habe. Einige haben sich zuerst verbeugt und dann die Glocke geschüttelt. Zu beobachten ist auch, dass zum Teil die ganze Familie synchron in die Hände klatscht und betet. Dadurch hoffen sie vermutlich, dass ihr gemeinsamer Wunsch in Erfüllung geht. Ein schöner Brauch, wie ich finde. 

Nach dem Gebet kann man schliesslich bei einem der kleinen Stände Glücksbringer und sogenannte "O-mikuji" kaufen, die einem in diversen Bereichen die nahe Zukunft voraussagen. Da diese oftmals nur in Japanisch zu finden sind, habe ich bis jetzt keines gekauft. Bei der letzten Reise aber schon und dort stand bei Glück "very good" und bei Reisen "Do not go so far". Mag man die Vorhersage nicht, bindet man den Zettel an einen Baum und wendet damit (hoffentlich) Unglück ab. Was man beim Schreinladen von den Miko-PriesterInnen auch kaufen kann, sind Holztäfelchen, auf die man einen Wunsch schreiben kann und die man anschliessend an eine dafür aufgestellte Wand hängt.

 

Schreine sind Teil des Shinto-Glaubens, den ich noch nicht so ganz verstehe. Grundsätzlich aber steht er in starkem Zusammenhang mit der Natur und manchmal sieht man einen alten Baum, oder einen Felsen in der Brandung, an dem eine Kordel mit Papiersstreifen angebracht ist. Diese markieren ein Shinto-Heiligtum. Die meisten Japaner sind dabei gleichzeitig Anhänger von Shinto und Buddhismus. Shinto regelt das Leben vor und der Buddhismus das Leben nach dem Tod. In Japan sind dabei die Tempel für Auswärtige nur schwer von Schreinen zu unterscheiden. Man muss gut aufpassen, denn: Bei Tempeln wird vor dem Gebet nicht in die Hände geklatscht!