Zu Besuch im eigenen Roman (09.04.2013)


Wie einige von euch wissen, schreibe ich seit nun mehr als einem Jahr einen Jugendroman, der im alten Japan (Edo-Epoche, um 1600) spielt. Der Hauptcharakter Yoku ist Sohn eines Schmieds, will aber Samurai werden. Da das aufgrund der Klassengesellschaft nicht möglich ist, verkleidet er sich. Das ist die einfache Zusammenfassung, natürlich ist es viel komplizierter. Da ich für die Geschichte also so viele neue Informationen wie möglich in Erfahrung bringen will, besuche ich in Japan nun zum Teil Orte, die eigentlich fernab von meiner Route liegen.

 

 

So beispielsweise Matsumoto: Eine Stadt in den Bergen, eigentlich nicht so wichtig, würde der Hauptteil meines Romans nicht dort spielen... Ich ging also hin und musste feststellen, dass die Samurai mit ganz anderen Problemen zu tun hatten, als zuerst gedacht: Da die Burg in Matsumoto nie angegriffen wurde, liessen sie sich ein anderes Mittel einfallen, um ihre Bewohnerzahl zu reduzieren: Treppen. Eine Stufe ist etwa einen halben (!) Fuss lang, aber zwei hoch. Dazu kommt noch der Balken auf Nasenhöhe und eine lose Diele. "Ki o tsukete" (Passen Sie bitte auf) steht überall...

Ich frage mich wirklich, wie die Samurai es in einem Ernstfall hätten schaffen sollen, in ihrer Rüstung die Treppe raufzukommen (runter geht immer)...

 

Ein weiterer Abstecher führte mich nach Tsumago und Magome, zwei alten Kontrollpunkten des Nakasendo-Handelweges. In einer dreistündigen Wanderung ging's von A nach B (natürlich muss ein Berg dazwischenliegen ><). Interessant waren dabei natürlich der Weg an sich, aber auch die Glocken, die überall aufgehängt waren. Daneben die Aufschrift "Ring the bell hard" und das Piktogramm eines Bären. Ob die Samurai damals ebenfalls Glocken hatten, um die bösen Bären zu vertreiben?

 

 

Punkt 3 war dann der Myoryuji-Tempel. Von aussen wie jeder andere Tempel der drei Dutzend in Kanazawa (siehe Karte). Zweistöckig, weil zur Edo-Zeit keine höheren Gebäude erlaubt waren. Das Spezielle an ihm? Er hat eigentlich sieben Stockwerke.

Der Erbauer des Tempels hat vermutlich zu viele Ninjageschichten gehört: Das Gebäude besitzt 23 Treppen, ebenso viele Räume, zig getarnte Fallgruben, Dutzende verborgene Fluchtmöglichkeiten und einen geheimen Raum, in dem ein in die Enge getriebener Bewohner im schlimmsten Fall Seppuku (Selbstmord) beging, um Gefangennahme und Folter zu entgehen.

Einfach der Wahnsinn! Ich habe versucht, eine Karte zu zeichnen, musste jedoch nach Raum Nummer 3 einsehen, dass es hoffnungslos ist.

 

 

Wenn in meinem Roman am Ende also bär-phobische Samurai, mörderische Treppen und ein Crazy-Ninja-Haus vorkommen, wisst ihr jetzt weshalb. ;)