Rückblick und Bilanz


Seit mehr als drei Tagen bin ich wieder in der Schweiz und Japan fühlt sich nicht nur Meilen weg, sondern auch Lebzeiten entfernt an. Gerade gestern, als ich in der Badibibliothek arbeitete, fühlte sich das Ganze wie ein Traum an, denn auch vor der Reise hatte ich in der Badi gearbeitet und irgendwie ist die Zeit in Japan an mir vorbeigerast, ohne dass ich begriffen habe, wie viel Zeit überhaupt vergangen ist (es ist jetzt Herbst!).

 

Mein Zimmer - bei meiner Rückkehr schön aufgeräumt - ist das reinste Chaos und ich werde wohl noch eine Weile brauchen, um Souvenirs, Erlebnisse, Fotos, Gefühle und Erinnerungen einzuordnen. Ein erster Schritt ist dabei, das Tagebuch ins Reine zu schreiben und all die Zugtickets, Flyer, Prospekte etc., die ich erhalten und aufgehoben habe, mit ins Buch einzukleben. Auch die 100 GB Fotos wollen noch gesichtet, geordnet und aussortiert werden... (JPG und RAW, deshalb diese enorme Datenmenge...).

 

Bevor Japan wieder gänzlich vergessen geht bzw. in der Menge der anderen Dinge, die zu tun sind, untergeht, möchte ich hier noch einmal auf meine Reise zurückblicken und einige Highlights / Beobachtungen herausstreichen, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind und die ich gerne festhalten würde. Dabei möchte ich keine Rangliste erstellen, sondern mehr ein Cluster mit tollen Dingen, die unabhängig voneinander toll gewesen sind. Wenn man mich beispielsweise direkt nach meinem Lieblingsort in Japan fragt, dann werde ich sagen, dass ich Kyoto sehr mag. Aber Takayama auch toll ist, weil dort meine japanische Gastfamilie lebt. Und die Atmosphäre in Kochi sehr faszinierend ist. Und die Burg von Himeji absolut atemberaubend... Man mag sagen, ich sollte mich entscheiden können, doch ich entscheide mich bewusst dafür, nicht einen Ort einem anderen vorzuziehen. Zudem ist diese Einschätzung ohnehin subjektiv und meine eigene Meinung. Leuten, die nach Japan reisen wollen, kann ich eine Menge Dinge empfehlen, allerdings hängt es von deren Interessen ab. Ich bin hauptsächlich interessiert an Geschichte, alter Architektur, japanischen Gärten und kulturellen Dingen wie Tempel und Schreine... Bei mir kommt dabei die moderne Architektur beispielsweise zu kurz. Nun jedoch trotzdem meine subjektiven Top 5 (nicht nummeriert!): 

Besuch bei der Familie Taniguchi in Takayama

 

Einmal mehr war der Aufenthalt in der Gastfamilie ein Höhepunkt. Nicht nur, weil ich unglaublich herzlich empfangen wurde, sondern weil ich die Möglichkeit hatte, Fragen über Dinge zu stellen, die mir auffielen / die ich nicht verstand. Der gemeinsame Ausflug ins nahe Shirakawa-Go-Dorf (UNESCO Weltkulturerbe), war dabei das Tüpfchen auf dem i und die Zeit, die ich mit der Familie am Flussbett mit Stauen und Beine baden verbrachte, unglaublich toll.


Abend im Beer Garden beim Miyagawa-cho-Theater

Darüber habe ich ja bereits geschrieben. Dieses Erlebnis wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und mir eine Lehre sein, dass es sich manchmal lohnt, ein Risiko einzugehen und sich auf unbekannte Gewässer herauszuwagen.

 

 

 


Tag in Kyoto mit zwei kanadischen Touristen

In Kyoto traf ich zwei kanadische Touristen und kam mit ihnen ins Gespräch. In der Folge waren wir den ganzen Tag zusammen unterwegs. Es war eines dieser zufälligen Treffen, die sich zu einer wunderbaren Begegnung weiterentwickelten. Ich hatte das meiste zwar schon gesehen, ging aber trotzdem mit und es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Mit Begleitung schaute ich die Dinge anders an als zuvor alleine und die Gespräche mit meinen Tages-Reisegefährten waren überaus spannend.

 


Onsen-Bad & Yukata

Ein weiteres Highlight waren die Onsen-Bäder und das Tragen eines Yukatas nach dem Bad. Eine sinnliche Erfahrung, die kein Japan-Reisender verpassen sollte! Besonders das K's House Hostel in Hakone war genial. Aber auch in Takayama (Hiranoyu Onsen), Kyoto (Ryokan Karaku) und auf dem Koya-san (Ekoin-Tempel) kam ich in den Genuss von japanischen Bädern. Dabei spielte ich immer das gleiche Spiel durch:

 

Es ist so heiss, ich will aus dem Wasser raus!
Aber es ist entspannend!

Aber es ist so heiss! Es dreht sich schon alles...

Aber es ist sooo gut!


Sonnenuntergang auf Miyajima

Auch das war ein sehr schönes Erlebnis und nicht etwa wegen dem Torii, der ja so spektakulär sein soll, sondern weil die Stimmung so unglaublich friedlich war, ich einen anderen Reisenden kennenlernte und mit ihm schwafelte, weil ich das Rauschen des Ozeans hörte und meine Füsse im Meer baden konnte (die ersehnte Abkühlung, halleluia!). Nach den Momiji-Manchu, die man nur auf Miyajima in einem ganz bestimmten Laden bekommt (die wirklich leckeren, meine ich!), der perfekte Tagesabschluss.

 

Tipp für alle, die mal nach Miyajima gehen: Momiji-Manchu essen (siehe Foto).

 


Wie ihr sicher bemerkt habt, sind die oben aufgeführten Höhepunkte meiner Reise keine Sehenswürdigkeiten, keine bestimmten Orte, sondern Erlebnisse, die ich zum Teil mit anderen Personen teilen durfte. Ich machte die Erfahrung, dass es sich lohnt, halt einfach mal spontan den Besuch eines ultra-bekannten Tempels abzusagen, und stattdessen aus dem Tram auszusteigen und sich der herumstehenden, wartenden Menschenmenge anzuschliessen, auch wenn man keinen blassen Schimmer hat, worauf sie eigentlich warten. Da ich sechs Wochen Zeit hatte, konnte ich mir das leisten und nach zwei Wochen hatte ich nicht mehr ständig das Gefühl, etwas ganz wichtiges zu verpassen, wenn ich mal Sehenswürdigkeit Nr. XY nicht besuchte und stattdessen - wie in Kochi - wartete und schliesslich eine Tanzvorführung geniessen konnte. Rückblickend kann ich sagen, dass ich das meiste, was ich sehen wollte, wirklich gesehen habe - ausser den Fuji und eine kleine Burgenstadt namens Matsue. Natürlich schade, dass ich diese beiden Dinge nicht sehen konnte, aber immerhin ist das ein Grund, wieder einmal hinzugehen.  Abschliessend kann ich sagen, dass Japan - einmal mehr - unglaublich spannend war und mich auch motivierte, während dem Japanologie-Studium mein Bestes zu geben. Viele Dinge verstehe ich noch immer nicht, doch genau dies reizt mich auch und fordert mich heraus. Auch deshalb wird es wohl nicht das letzte Mal gewesen sein...

 

Nun bleibt nur noch das eine: Ich danke euch dafür, dass ihr meinen Blog (auch nur teilweise) gelesen habt, und würde mich natürlich über einen Gästebucheintrag freuen.