Ich packe in meine Tasche... (20.06.2018)


Zwei Tage sind seit dem Osaka-Erdbeben vergangen und das Leben geht weiter, auch wenn einige Dinge wohl etwas anders laufen als normalerweise: An der Schule fragen die Lehrer nach, ob man okay war nach dem Beben. Zuhause spricht man mit der Gastfamilie darüber, ob es in Kobe generell Tsunamis geben kann oder nicht. Morgens nach dem Aufwachen kontrolliert man auf der Webseite der japanischen Meteorologie-Agentur, ob es nachts Nachbeben gegeben hat - und siehe da, es gab wieder zwei. Über viele dieser Dinge hatte ich gar nie nachgedacht, wenn ich von einem Erdbeben hörte. Nun aber überlegt man sich vieles sehr viel genauer - beispielsweise was man am Morgen in seine Tasche steckt. Ich packe in meinen Rucksack... meinen Pass, eine Wasserflasche, das Handyladekabel, ein kleines Tuch, eine Ersatzunterhose. Die Chancen für ein stärkeres Beben sind sehr gering, aber vorhanden - daher die Sicherheitsvorkehrungen. Die Japaner nehmen die Sache pragmatisch: Man bereitet sich so gut vor wie möglich, dann lebt man weiter ("生き続ける"). Blöd ist nur, dass es heute stark regnete, weshalb einige Hänge nach dem Erdbeben zum Teil rutschgefährdet sind. Aus diesem Grund gab es zum Teil präventive Evakuierungen (bei Osaka, nicht hier in Kobe soweit ich weiss). Auch das war etwas, worüber ich mir bisher nicht wirklich Gedanken gemacht hatte.

 

Wie dem auch sei, mit dem Alltag geht auch der Stress weiter: Seit zwei Tagen bin ich an der Sprachschule und werde bereits jetzt überhäuft mit Vokabular, das ich bis am nächsten Morgen zu lernen habe. Grammatiken lernte ich bisher keine neuen, denn da gab sich die Universität sehr viel Mühe und möglichst viel beizubringen, aber Sprechen und Verstehen ist verbesserungsbedürftig. Im A2/B1-Level sind wir zu zweit, was zu mehr Lernzeit führt und die Intensität des Unterrichts steigert. Das ist eigentlich ein positiver Effekt, doch nach drei Stunden sind die Hirnleitungen dann praktisch durchgebrannt.

Ihr seht, obwohl wir uns sehr viel mehr Gedanken über Erdbeben und dergleichen machen als noch am Sonntagabend, freuen wir uns mit den Japanern über das 2-1 gegen Kolumbien und lernen Schriftzeichen für unseren täglichen Kanji-Test. さすが日本だな...