Auf den Spuren der Samurai


Heute verbrachte ich den Morgen damit, auf einem alten Handelsweg vom "Hakone Sekisho" (Hakone Checkpoint) über einen Pass zum Amasake-Teehaus zu wandern. Ursprünglich war geplant, dies mit zwei anderen Frauen aus dem Hostel zu tun, doch da diese kurzfristig den Plan änderten, ging ich dann doch alleine. Die Strecke war eigentlich nicht so weit (ca. 4km), aber ging steil hinauf. An einigen Stellen musste man sich mit den Händen am modrigen Holzgeländer festhalten und hochziehen. Wenn ich mal nicht schnaufte wie ein altersschwaches Walross, dann konnte ich die Natur bewundern: Der Weg war meist sehr schmal und oft hing der Bambus ueber den Weg rüber, so dass man ihn zur Seite schieben musste. Die Vogelstimmen waren eine willkommene Abwechslung. Viel mehr sah ich aber nicht, weil ich auf den Weg achten musste. Immerhin war er gut angeschrieben. Alles in allem war es eine anstrengende Sache, man fühlte sich einsam und der dichte Bambus wirkte manchmal etwas bedrohlich. Schwer vorstellbar, dass irgendwann mal ein Elefant denselben Weg gegangen ist (er wurde dem damaligen Herrscher der Samurai, dem Shogun, geschenkt). Bei Regen ist der Weg wohl kaum begehbar.

Der Anblick des Teehauses war somit sehr willkommen und ich denke, das war zu Edo-Zeiten nicht anders. Im Innern des alten Hauses war es sehr düster und der Rauch des Feuers stach in der Nase. Aber einfach nur dort zu sitzen und auszuruhen, war herrlich (auch wenn die Herrin des Hauses partout ignorierte, dass ich Japanisch redete, und stets in Englisch antwortete...).

 

Nun ein paar historische Ausführungen mit Informationen, die ich zum Teil schon kannte und die ich aber auch erst vor kurzem erfahren habe:

Waehrend 1600 und 1868 wurde Japan von dem Tokugawa-Shogunat regiert. Der Shogun residierte in Edo (alter Name von Tokyo) und hielt Familienmitglieder der Fürsten bei sich am Hof als Geiseln, damit diese nicht auf die Idee kamen, zu rebellieren. Der Tokaido-Handelsweg führte von Tokyo bis nach Kyoto, der Kaiserstadt. Um die Reisenden zu kontrollieren, liess der Shogun 52 Kontrollstationen auf dem Weg aufstellen. Um die Kontrollstation zu passieren, wurde eine schriftliche Erlaubnis der Regierung benötigt. Besonders Frauen, die Edo verlassen wollten, wurden strengstens kontrolliert. Dies um zu verhindern, dass sie vor deren Ehemännern davonliefen. Zwar gab es damals in Japan schon die Möglichkeit der Scheidung, aber der Mann musste einverstanden sein...

 

Die Rekonstruktion einer solchen Kontrollstation (Hakone Sekisho) war sehr eindrücklich, als ich sie besuchte. Das Tor ragt einem hoch über den Kopf, der Zaun auf beiden Seiten wirkt einengend. Früher standen da natürlich auch die Wachen, bei mir war es nur der Ticketkontrolleur. Nach dem Tor kam man in eine Art Gang, an dessen Seiten sich die Ställe und Verwaltungsräume befanden. Die Waffen waren gut sichtbar aufgestellt, um die Reisenden einzuschüchtern. Alles in allem ein gewaltiger Anblick, auch wenn das Ganze rekonstruiert worden ist. Das Original wurde - wie so viele Gebäude - beim Sturz des Tokugawa-Shogunats und im darauffolgenden Krieg zerstört. Aber auch die Rekonstruktion ist sehr aufschlussreich. Ich hatte bisher nur Holzschnittbilder der Tokaido-Stationen gesehen. Nun verspüre ich den starken Drang, meinen Samurairoman wieder hervorzuholen und endlich fertig zu überarbeiten! Das muss leider noch ein wenig warten.

 

Übrigens sah ich den Fuji. Fünf Sekunden lang sah ich vom Bus aus die Umrisse des Wahrzeichens von Japan, bevor er wieder hinter Bäumen verschwand. Als ich nach der Wanderung dann zum Aussichtspunkt kam, war er schon hinter Wolkenschleiern verschwunden... Schon wieder kann ich ihn nur  auf der Postkarte bewundern... Mir fällt dazu nur eins ein:

 

Die Silhouette

am Wolkenhimmel stillte

meinen Hunger nicht.